Was Sie gegen die unzureichende Datentransparenz von WhatsApp tun können:
Datenschützer sind sich einig: WhatsApps Bereitschaft, Nutzern Einblick in die von ihnen gespeicherten und genutzten Daten zu geben, ist mehr als ungenügend (wir haben berichtet). Wir haben mit Datenschützern und Behörden gesprochen und sagt, an wen Sie sich wenden können, was zu tun ist und ob sich vielleicht sogar eine Klage gegen WhatsApp finanziell lohnen könnte.
Nach dem Artikel 15 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) von 2018 müssen Unternehmen ihren Nutzern Auskunft geben, was sie mit ihren Daten und Informationen alles anstellen. Das schließt sowohl speichern als auch verarbeiten und weitergeben mit ein.
WhatsApps Auskunft ist ungenügend
Am Ende sollte der Nutzer zumindest folgende Fragen beantwortet sehen:
- Wer arbeitet mit meinen Daten?
- Zu welchem Zweck werden die Daten genutzt?
- Was wird von meinen Daten genutzt?
- Zu wem gehen meine Daten UND wohin? Ins Ausland?
- Wie lange werden meine Daten genutzt?
Innerhalb der App bietet WhatsApp die Option „Account-Info anfordern.“ Wir haben den Test gemacht und festgestellt, dass kaum eine der oben aufgeworfenen Fragen beantwortet wurden. Das sieht auch ein Sprecher des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit so, der sich gegenüber uns äußert:
Die Datenschützen gehen davon aus, dass mehr Daten gesammelt werden, als in WhatsApps Auskunft vorhanden: „Die Antwort auf das Auskunftsersuchen zeigt, dass eine Übermittlung von Daten an Drittunternehmen gerade auch zu deren eigenen Zwecken erfolgt, da dort eine Rubrik „Datenaustausch abgelehnt“ aufgeführt ist. Eine Rubrik mit dem Namen macht klar, dass auch ein „Datenaustausch“, also eine Übermittlung von Nutzerdaten „an anderer Stelle bereits gegenwärtig regelmäßig erfolgt.“ Doch, auch wenn ein Datenaustausch abgelehnt würde, müssen die Daten doch erhoben werden. Diese Informationen befänden sich jedoch nicht in der bereitgestellten Auskunft.
Auf BILD-Nachfrage versicherte WhatApp jedoch: „Die Informationen, die über das Account-Informations-Feature bereitgestellt werden, erfüllen die Anforderungen der DSGVO.“ Weitere Informationen würden nicht bereitgestellt.
Ein klarer Verstoß gegen die DSGVO!
Können Nutzer auf Schadensersatz klagen?
Wichtig zu wissen: In der DSGVO sind auch Strafen festgelegt, die auf Unternehmen zukommen können, wenn sie gegen die Verordnung verstoßen. Unter anderem ist dort von 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes als Bußgelder die Rede. Nicht wenig bei einem Multimilliarden-Unternehmen wie WhatsApp.
Können private Kläger mit solchen Summen rechnen? Macht eine Klage Sinn?
Die Hamburger Datenschützer sagen, dass Nutzer dies nicht akzeptieren müssen: „Wenn Nutzer:innen den Eindruck haben, dass die Auskunft nicht vollständig ist, können sie von der Möglichkeit der Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde Gebrauch machen, um dies überprüfen zu lassen bzw. um eine vollständige Auskunft zu erhalten.“
Allerdings müssten sie sich im ersten Schritt an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) als Aufsichtsbehörde wenden und dort offiziell um Prüfung der Sachlage bitten.
BILD hat auch dort nachgefragt. Der BfDI bestätigt die Zuständigkeit und erklärt, dass jeder Nutzer eine offizielle Beschwerde beim Bundesbeauftragten einreichen kann. Diese würde „die Einleitung eines Kooperationsverfahrens mit der federführend zuständigen Behörde in Irland nach sich ziehen“, da sich der Hauptsitz des Unternehmens WhatsApp in Irland befände. Dort stünde es auch jedem als Privatperson frei, vor dem irischen High Court oder irischen Circuit Court Rechtsschutz zu ersuchen.
So erreichen Sie den BfDI und können Beschwerde einlegen:
► postalisch: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Graurheindorfer Str. 153, 53117 Bonn
► per Email: poststelle@bfdi.bund.de
Alternativ geht es auch über das Kontaktformular auf der BfDI-Homepage
Irische Datenschützer gehen bereits aktiv gegen WhatsApp vor
Wir haben mit Graham Doyle von der irischen Datenschutzbehörde gesprochen, die für WhatsApp in der EU zuständig ist. Zunächst bestätigte er uns, dass unser Fall nahezu ein Musterbeispiel für eine aktuelle Untersuchung von WhatsApp sei, die zurzeit durchgeführt würde. Die irische Behörde habe sich exakt diese Missstände angeschaut und just am 14. Juni eine Entscheidungsvorlage in der Sache an alle EU-Mitglieder versendet. Darin würden auch massive finanzielle Sanktionen gegen WhatsApp vorgeschlagen.
Zwei Monate hätten die Partnerbehörden nun Zeit, sich zu äußern. Im September werde mit einer Entscheidung gerechnet, „die für große Aufmerksamkeit in den Medien“ sorgen werde, verspricht Graham.
Hätte eine private Klage Erfolgschancen?
Bei der Frage, ob es sich auch privat lohnen würde, WhatsApp zu verklagen, macht Graham allerdings wenig Hoffnung. Die in der DSGVO festgelegten Geldbußen seien keine Summen, die an Privatleute ausgeschüttet werden, sondern „ins System zurückfließen.“ Wenn, dann würde es immer um die Herausgabe der geforderten Informationen gehen. Das könne jeder machen, hätte aber einzeln kaum Aussicht auf Erfolg. Generell rät er allen, jetzt auf die Entscheidungen im September zu warten. Sie würden WhatsApp nicht in den Ruin treiben, aber vielleicht mithilfe des öffentlichen Drucks zum Umdenken bewegen.
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