Niemand wird gern beobachtet. Doch es gibt Gründe für eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz. Datenschutz-Aufsichtsbehörden haben nun klargestellt, wann eine Videoüberwachung erlaubt ist.
Konkrete Vorgaben zur Videoüberwachung
Videoüberwachung wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite stehen staatliche Stellen, aber auch Unternehmen, die gern die Videoüberwachung ausweiten würden. Denn sie sehen darin einen Gewinn für die Sicherheit. Auf der anderen Seite stehen zum Beispiel die Datenschützer, die Videoüberwachung als Eingriff in die Privatsphäre sehen und deshalb so weit wie möglich begrenzen möchten.
Kaum ein Thema gibt so viel Anlass zu Beschwerden und zu Überprüfungen im Datenschutz wie die Videoüberwachung. Dabei stellt sich die Frage, was rechtlich zulässig ist und was nicht. Da die seit Mai 2018 wirksame Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) keine speziellen Regeln zur Videoüberwachung enthält, müssen die datenschutzrechtlichen Anforderungen an den Einsatz von Videoüberwachung aus den allgemeinen Regelungen des Datenschutzrechts abgeleitet werden. Das ist vor allem eine große Herausforderung für die Unternehmen, die Videoüberwachung rechtskonform einsetzen möchten, wie die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz betonen.
Die nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden im Europäischen Datenschutzausschuss haben nun eine Leitlinie zum datenschutzkonformen Einsatz von Videoüberwachung beschlossen. Die Leitlinie will auf ein möglichst hohes Datenschutzniveau für betroffene Personen hinwirken und gleichzeitig für die Unternehmen klare und handhabbare Vorgaben machen.
Videoüberwachung muss verhältnismäßig sein
Die Leitlinie betont den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sprich: Für die Videoüberwachung muss es eine fundierte Begründung geben, sie darf keine übertriebene Maßnahme sein. Wenn zum Beispiel ein Arbeitgeber sagt, er habe gute Gründe für die Videoüberwachung, müssen diese auch objektiv vorliegen. Will sich ein Unternehmen zum Beispiel vor Betrugsfällen und Diebstahl besser schützen und deshalb die Videoüberwachung vornehmen, so müssen konkrete Anhaltspunkte für die Befürchtungen bestehen. Betrug oder Beschädigungen müssen tatsächlich eine konkrete Gefahr darstellen. Mitarbeitende dürfen also nicht grundlos unter Generalverdacht gestellt und mittels Videoaufzeichnung überwacht werden.
Wann Videoüberwachung erlaubt ist und wann nicht
Die Leitlinie zur Videoüberwachung nennt eine Vielzahl von Beispielen, die illustrieren können, wann eine Videoüberwachung übertrieben ist und wann man von einem legitimen Einsatz ausgehen kann.
Ein Ladenbesitzer möchte einen neuen Laden eröffnen und ein Videoüberwachungssystem installieren, um Vandalismus zu verhindern. Durch die Vorlage von Statistiken kann er zeigen, dass in der direkten Nachbarschaft ein hohes Risiko für Vandalismus besteht. Auch Erfahrungen aus Nachbargeschäften sind hilfreich. Es ist nicht erforderlich, dass ein Schaden an dem neuen Geschäft selbst aufgetreten ist, solange Schäden in der Nachbarschaft auf eine Gefahr hindeuten und somit ein Hinweis auf ein berechtigtes Interesse sein können. Es reicht aber nicht aus, eine nationale oder allgemeine Kriminalitätsstatistik vorzulegen, ohne das betreffende Gebiet oder die Gefahren für dieses spezielle Geschäft zu analysieren.
Ein privates Parkhaus hat wiederkehrende Probleme mit Diebstählen in den geparkten Autos dokumentiert. Der Parkplatz ist ein offener Bereich und lässt sich von jedermann leicht erreichen, ist jedoch deutlich mit Schildern und Straßensperren gekennzeichnet, die den Bereich umgeben. Das Parkhaus hat ein berechtigtes Interesse (Verhinderung von Diebstählen in den Autos der Kunden), den Bereich während der Tageszeit zu überwachen, in der Probleme auftreten.
Ein Restaurant beschließt, Videokameras in den Toiletten zu installieren, um die Sauberkeit der sanitären Einrichtungen zu kontrollieren. In diesem Fall haben die Rechte der betroffenen Personen eindeutig Vorrang vor dem Interesse des Unternehmens. Daher darf das Restaurant dort keine Kameras installieren.
Ein Arbeitgeber darf, um Streikende zu identifizieren, keine Aufzeichnungen aus der Videoüberwachung verwenden, die eine Demonstration zeigen.
Ein Unternehmen hat Schwierigkeiten mit seiner Zutrittskontrolle, es kommt wiederholt zu unerlaubtem Betreten. Das Unternehmen setzt Videoüberwachung ein, um diejenigen zu erwischen, die rechtswidrig eintreten. Ein Besucher widerspricht der Verarbeitung seiner Daten durch das Videoüberwachungssystem. Das Unternehmen kann den Widerspruch jedoch in diesem Fall mit der Erklärung ablehnen, dass das gespeicherte Filmmaterial aufgrund einer laufenden internen Untersuchung benötigt wird. Es hat daher zwingende berechtigte Gründe, die Verarbeitung der personenbezogenen Daten fortzusetzen.
Es kommt also immer darauf an, dass es ein wirklich berechtigtes Interesse an der Videoüberwachung gibt und dass kein unnötiger Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen stattfindet.
WICHTIG: Jedes Unternehmen, dass eine Videoüberwachungsanlage einsetzt muss einen zertifizierten Datenschutzbeauftragten für die Durchführung einer Datenschutzfolgeabschätzung beauftragen.